Das Eine-Welt-Haus ist ein Überbleibsel der Solidaritätsbewegung der DDR und ein Kind der Wende: In Jena gab es seit den 1980er Jahren mehrere informelle Solidaritätsgruppen, die sich privat oder kirchlich organisierten und soziale Einrichtungen u. a. in Indien, Tansania, Nikaragua unterstützten. Wir schickten ihnen Pakete mit Schulmaterialien, Spielzeug, gebrauchter oder neuer Kleidung. Diese Anfänge unserer Arbeit werden hier geschildert.
Bereits damals haben wir erste Schritte einer begleitenden Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit gemacht.
Diese Gruppen haben die ersten Monate in der BRD nicht überlebt, einige ihrer Mitglieder wollen die ursprünglichen Ziele aber weiterhin verfolgen. Mit den wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen nach 1990 und der Erkenntnis, dass wir als Bürger eines Industrielandes eine Mitschuld an den weltweiten Ungleichheiten tragen, fand sich eine Gruppe von Menschen zusammen, die den ungerechten globalen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen etwas entgegensetzen wollen und die aktiv für ein gerechtes Zusammen-leben mit dem Globalen Süden eintreten.
So kam es im Jahr 1990 zur Gründung des Eine-Welt-Haus e. V. und des Eine-Welt-Ladens als ein Ort des Fairen Handels, als Treff für In- und Ausländer und als Partner für Projekte im Globalen Süden. Die ersten Jahre der Vereinstätigkeit waren von der Etablierung des Eine-Welt-Ladens sowie ersten Erfahrungen mit den neuen Arbeits- und Finanzierungs-bedingungen geprägt. Dabei stand unsere Tätigkeit auch unter dem Eindruck ausländerfeindlicher Übergriffe in Jena, der sog. „Baseballschlägerjahre“.
Struktur des eine Welt Hauses:
Wie jeder nach bundesdeutschem Recht registrierter Verein haben wir einen Vorstand, der formell und juristisch für die Aktivitäten unserer Organisation verantwortlich ist und ihre Geschicke lenkt. Und wie jede Nichtregierungsorganisation sind wir nur handlungsfähig durch aktive und aufmerksame Mitglieder. Dem Verein beitreten kann jeder Mensch (natürliche Person) oder jede Gruppe (juristische Person), die sich mit unseren Zielen identifiziert und die in der jeweils aktuellen Satzung und der Geschäftsordnung niederlegten Regelungen anerkennt. Ein weltanschauliches, religiöses oder anderweitiges Bekenntnis wird dabei nicht erwartet.
Entsprechend der Abgabenordnung ist das Ziel unseres Vereins die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit und der Völkerverständigung.
Seit seiner Gründung fungiert das Eine-Welt-Haus als Dach für informelle Gruppen und Einzelpersonen, die selbst keine Vereinsstruktur haben, aber dennoch entwicklungs-politisch aktiv werden wollen. Voraussetzung dafür ist, dass deren Aktivitäten mit den Zielen unseres Vereins übereinstimmen und sich finanziell selbst tragen.
Ziele und Aufgaben des Vereins:
- die Förderung des Fairen Handels;
- die Begleitung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit (in Argentinien, Mosambik, Namibia, Nikaragua, Togo);
- die Betreuung von Geflüchteten;
- die entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit;
- die Entsendung und die Aufnahme von entwicklungspolitisch tätigen Freiwilligen (weltwärts, Bundesfreiwilligendienst).
Zur Umsetzung dieser Ziele kann jeder beitragen durch:
- eine (finanzielle) Spende für ein Projekt;
- die Mitarbeit in einer der Arbeitsgruppen des Vereins;
- die Übernahme der Verantwortung für ein Projekt des Vereins.
unsere Aktivitäten:
Das Eine-Welt-Haus koordiniert die seit 1998 bestehende offizielle Städtepartnerschaft zwischen Jena und San Marcos/Nicaragua gemeinsam mit der dortigen Nichtregierungsorganisation APRODIM.
Die Projekte im Globalen Süden orientieren sich an den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG). Sie konzentrieren sich auf die Förderung von Bildung und Berufsausbildung, die Unterstützung sozial benachteiligter Gruppen, Umweltschutz, nachhaltige Landwirtschaft, regenerative Energie, Ernährungssicherung sowie Wirtschaftsförderung. Dabei kooperieren wir mit Vereinen, Kirchgemeinden und staatlichen Institutionen in den Partnerländern: Sie entwickeln die Projektideen, setzen die Vorhaben um und zeichnen uns gegenüber für Abrechnungen und Berichte verantwortlich.
Diese Vorhaben werden von Arbeitsgruppen unseres Vereins begleitet und verantwortet, die jeweils selbständig und eigenverantwortlich handeln.
Durch diese direkten Kontakte erwerben die in den Projekten engagierten Vereinsmitglieder aus erste Hand Kenntnisse über die Lebens- und Arbeitssituation im Globalen Süden. Diese Informationen werden in der inländischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit weitergegeben. Das Ziel besteht dabei darin, interessierte Menschen und Gruppen miteinander in Kontakt zu bringen und ihnen ein gemeinsames Kennenlernen und Lernen zu ermöglichen. Das geschieht durch verschiedene Formate wie Schulpartnerschaften, Schüleraustausche, Ausbildungspatenschaften und Bildungsreisen.
Die Arbeit und Betreuung von Geflüchteten im WeltRaum, einer Arbeitsgruppe unseres Vereins, gibt uns direkte Einblicke in die Auswirkungen von Krieg und Vertreibung, von ungerechten und ausbeuterischen Wirtschaftsverhältnissen sowie in persönliche Erfahrungen während der Flucht.
Der Verein hat ein jährliches Budget von ca. 250.000,00 Euro, das sich aus kommunalen und staatlichen Fördermitteln, Zuschüssen von Stiftungen, Spenden und Mitgliedsbeiträgen zusammensetzt.
Mitgliedschaft:
Unser Verein hat 63 Mitglieder. Wir beschäftigen fest angestellte Mitarbeiter und Honorarkräfte. Die Mitarbeiter und Projektverantwortlichen besitzen für ihre Tätigkeiten notwendige Berufsabschlüsse, sie bilden sich durch die Teilnahme an Seminaren, Kongressen und Workshops weiter. So erwerben sie spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die Aktivitäten in Bildungseinrichtungen notwendig sind.
Das Eine-Welt-Haus ist politisch und religiös neutral, dementsprechend stellen die Mitglieder eine heterogene und plurale Gruppe dar.
Da die Mehrzahl der Mitglieder und der Projektverantwortlichen berufstätig ist, können wir ohne fest angestellte Fachkräfte wie den entwicklungspolitischen Promotor oder die Projektkoordinatorin unsere Präsenz in Schulen, Kindergärten und wie auch bei kommunalen Veranstaltungen weder halten noch ausbauen. Die Betreuung und Begleitung von Geflüchteten und Migranten im WeltRaum ist nur möglich durch die engagierte Tätigkeit eines in Vollzeit angestellten Mitarbeiters.
Vernetzung:
Das Eine-Welt-Haus ist Mitglied im Eine-Welt-Netzwerk Thüringen, bei ventao und im Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Auf lokaler Ebene besteht eine vertrauensvolle, enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Jena. Hier betreuen wir projektbezogene Aktivitäten gemeinsam mit Jenaer Schulen und Kindergärten (Schul- und Kindergartenpartnerschaften), den Jenaer Stadtwerken und der Bürgerenergie (regenerative Energien) sowie lokalen Vereinen (Kulturveranstaltungen, Vorträge). Ein weiterer wichtiger Kooperationspartner ist die Migrantenorganisation „iberoamerica e. V.“. Zwischen beiden Vereinen bestehen enge persönliche Verflechtungen und wir arbeiten seit langem vor allem in Inlandsprojekten zusammen.