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Nachrichten aus Argentinien

Liebe Spender, Mitglieder und Freunde des Eine-Welt-Hauses e.V.,

ich hoffe, dass dieser Bericht Euch gut erreicht. Ich komme gerade aus Argentinien zurück, wo ich SonRisas, eine Organisation, mit der wir seit fast drei Jahren zusammenarbeiten, besucht habe. Ich dachte, es würde Euch vielleicht interessieren, von dort zu hören. Hier also einige Eindrücke und ein Bericht.

Zur allgemeinen Lage:

Derzeit hat Argentinien eine Regierung, deren Ziel es ist, die desaströsen Finanzen des Landes, welche die Vorgängerregierungen hinterlassen haben, in Ordnung zu bringen. Dadurch sollen ein Staatsbankrott vermieden und die Wirtschaft aktiviert werden. Die Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, sind für viele Bürger mit sehr hohen Kosten verbunden: ganze Familien schlafen auf der Straße, Menschen betteln um Geld, Essen und Kleidung.
Ein junger Mann, der vor einem Supermarkt saß und fast zahnlos war, bat mich, ihm etwas zu essen zu kaufen, was ich auch tat, aber ich habe mich auch mit ihm unter-halten und ihn gefragt: „Warum bist du hier? Was hat dich hergeführt? Woher kommst du?“ Ich wollte ihm nicht einfach nur Essen, sondern auch etwas Aufmerksamkeit schenken. Ob meine Fragen die besten waren, weiß ich nicht; jedenfalls sind wir ins Gespräch gekommen. Ich war überrascht, dass er nicht von weit herkam, nämlich aus dem „Papst-Franziskus-Viertel“ Flores, nicht weit von der Wohnung meiner Mutter. Es ist ein normales Viertel, mit Infrastruktur und ohne sichtbaren Mangel. Und er fügte noch hinzu: „Es gibt keine Arbeit. Manchmal helfe ich auf einer Baustelle, aber dann bleibt mir nichts anderes übrig, als betteln zu gehen.“
Was soll ich sagen? Mir hat es einen Stich ins Herz versetzt.

Die Politik der Haushaltssanierung des neuen Präsidenten bedeutet zunächst einmal auch massive Reduzierungen der staatlichen Zuschüsse in nahezu allen Bereichen: Bildung, Gesundheit, Kantinen, Wissenschaft, Unterstützung von Nichtregierungs-organisationen, Infrastrukturprojekte auf allen Ebenen. Um ein Beispiel zu nennen: SonRisas arbeitet im Stadtteil Esteban Echeverría, wo derzeit alle Essensausgabe-stellen (so etwas wie hier die Tafeln) geschlossen wurden - mit den entsprechenden Folgen.

Nun zu den beiden konkreten Projekten, die von uns unterstützt werden:

DAS PROJEKT EMA – „Espacio-Multidisciplinario para adolescentes“ (MULTIDISZIPLINÄRER RAUM FÜR JUGENDLICHE)

Zur Erinnerung: Dies ist das zweite Jahr des EMA-Projekts, das vor allem darauf ab-zielt, einen Raum zu schaffen, in dem Jugendliche lernen, sich weiterzuentwickeln.
Dank dieses Projekts konnte und kann SonRisas zum ersten Mal in den 20 Jahren seiner Tätigkeit mit viel Mühe eine stabile Struktur zur Unterstützung von Jugend-lichen aufbauen. Noch ist es zum Teil auf die Arbeit von Freiwilligen angewiesen, aber das Ziel ist es, noch mehr ausgebildete Personen zu beschäftigen.

Dies ist, was wir von hier aus vor allem unterstützen. Der Eine-Welt-Haus e.V. trägt dazu bei, dass Fachleute in verschiedenen Bereichen eingestellt werden können, um die Jugendlichen professionell zu unterstützen. Im ersten Jahr des EMA-Projekts hat SonRisas viele Partnerschaften mit verschiedenen Institutionen geschlossen, um den Jugendlichen mehr Möglichkeiten bieten zu können.

Nun möchte ich im Detail erzählen, was SonRisas bisher unternommen hat:

Es wurden Ausbildungskurse begonnen, wie z. B. ein Lehrgang zur Herstellung von Schokolade, ein Kurs für soziale Führungskräfte und SonRisas hat Freizeit-ausflüge und -aktivitäten für die Jugendlichen organisiert (z. B. einen Fußball-Workshop und andere Sportveranstaltungen). Mit einer hohen Beteiligung von 25 Jugendlichen bringt der Fußball-Workshop einen großen Teil der Gruppe zusammen, die das EMA-Projekt in Sonrisas wöchentlich betreut. Dieses Training wurde organisiert auf der Grundlage von Absprachen, Respekt unter Gleichgesinnten und gut etablierten, klar definierten Regeln des Zusammenlebens. Das alles macht diesen Raum zu einem Ort der Geborgenheit und des Lernens für viele junge Menschen, die ihre Tage sonst auf der Straße verbrächten, ohne zur Schule zu gehen oder einen festen Arbeitsplatz zu haben.

Ich möchte Euch die Bedeutung, die EMA für Jugendliche in Buenos Aires hat, anhand der Geschichte von Rocío illustrieren:

Rocío, eine Teenagerin aus dem EMA-Jugendprojekt, studiert mittlerweile an der Universität und erfüllt sich damit ihren Traum.

Sie lebt bei ihrer Mutter, die keine abgeschlossene Schulausbildung hat und lediglich eine geringe Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Rocío ist eine Nutznießerin des EMA-Programms, in dem sie Dank des Kurses "Líderes Sociales" von SonRisas die Rolle einer Tutorin übernommen hat. Rocío jobbt außerdem dreimal pro Woche als Verkäuferin.
Die junge Frau schloss 2023 die Sekundarschule ab. Danach bewarb sie sich bei mehreren Institutionen, die eine kostenlose Ausbildung zum Sportlehrer anbieten, kam aber bei den angewandten Losverfahren nie zum Zug.

Rocío ist ein Beispiel für Verantwortungsbewusstsein und Engagement, denn sie wurde von ihrer Mutter allein in einem gefährdeten Umfeld, in einem prekären Haushalt ohne ausreichendes Einkommen aufgezogen. Schon früh begleitete das Mädchen ihre Mutter zu medizinischen Untersuchungen und holte auch deren Medikamente ab. Trotz der widrigen Bedingungen war sie schulisch sehr erfolgreich: sie schloss ihre Sekundarschulausbildung in einer staatlichen Schule mit Best-durchschnitt ab und für ihre Leistungen und Ausdauer wurde ihr nun von SonRisas ein Stipendium vermittelt, das die Maimonides-Universität ausgewählten Jugendlichen gewährt.

Ohne SonRisas und den Eine-Welt-Haus e.V. wäre für Rocío diese Tür in eine bessere Zukunft verschlossen geblieben.

Das Projekt „1000 erste Tage“

Parallel zu EMA macht SonRisas seit April 2024 erste Erfahrungen in einem zweiten Projekt, den "Ersten 1000 Tagen" des Lebens. Dieses Programm, an dem sich viele Organisationen beteiligen, zielt darauf ab, eine gesun-de kognitive Entwicklung von Kindern zu gewährleisten (Beschreibung hier und hier). Das beginnt mit einer guten Betreuung der Mütter während der Schwanger-schaft und setzt sich in den ersten zwei Jahren der Kindheit fort. Das Programm umfasst die Überwachung der Entwicklung und des Wachstums der Kinder durch Kinderärzte und die Begleitung der Familien durch Sozialarbeiter. Es gibt regelmäßige pädagogische Tref-fen, bei denen die für die Kinder Verantwortlichen (in der Regel die Mütter) über die Bedeutung von Ernährung und Stimulation lernen. Einige Eindrücke bieten diese beiden Videos.

Die Treffen bieten ihnen aber auch einen wichtigen sozialen Raum für Kontakt und Austausch. Die Realität der Familien ist sehr komplex: sie leben in Armut, die Eltern haben oft keine Arbeit, und wenn doch, dann ist sie meist sehr prekär. Die Mütter erleben in vielen Fällen Gewalt, Alkohol- oder Drogenmissbrauch sind keine Ausnahme.

Um dieses Projekt zu ermöglichen, bin ich immer noch auf der Suche nach Spendern und alternativen Formen der Unterstützung. Jede Hilfe, und sei sie noch so klein, ist willkommen. Aber auch originelle Ideen wären toll: singt z.B. jemand in einem Chor und könnte sich vor-stellen, einen Gesangsabend für einen guten Zweck zu organisieren? Ich bin immer auf der Suche nach Menschen mit solchen Initiativen.

Nicht vergessen: Helfen macht glücklich!!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Unterstützung unserer Arbeit erbitten wir Spenden auf dieses Konto: Eine Welt Haus Jena e.V.

IBAN: DE 96 830 530 30 00000 30 600

Sparkasse Jena BIC: HELADEF1JEN Verwendungszweck: SonRisas

Mein Besuch bei SonRisas im Juli 2024

Martín, der Direktor von SonRisas und mittlerweile ein guter Freund, war unser Be-gleiter durch die drei Außenstellen des Vereins in der Provinz Buenos Aires. Ich hatte Gelegenheit, mit den drei beeindruckenden Leiterinnen der Zentren, mit Sozial-arbeitern sowie mit Kindern und Jugendlichen zu sprechen, die SonRisas besuchen. Es war nach 2022 bereits mein zweiter Besuch dort.

Wie soll man die Gefühle beschreiben, die man hat, wenn man dort ist? Die Armut zu sehen, von den Nöten zu hören, durch das Viertel zu gehen und erzählt zu bekommen, dass sich bei Regen der Bach, der durch das Dorf fließt, so stark mit Wasser füllt, dass dadurch die Häuser in der Nähe komplett überflutet werden. Dass das Vorhaben, fließendes Wasser in die Gemeinde zu bringen, von der derzeitigen Regierung aus Kostengründen bis auf weiteres gestrichen wurde.

Dass viele Kinder die Schule verlassen, wie mir ein Junge (10 Jahre alt) erzählte. “Warum?“ habe ich ihn gefragt, und seine Antwort war: „Weil es mir dort nicht gefällt“. „Und was wirst du dann tun?” „Nichts, ich bleibe zu Hause“. Ein anderer Junge erzählte mir, dass er Tauben jagt und sie gegrillt isst. Die Umstände, in denen diese Kinder groß werden sind bedrückend.

Andererseits ist es aufregend und inspirierend, zu sehen, dass die Kraft, die Liebe und die Ausdauer, mit der alle Beteiligten bei SonRisas versuchen, die Realität zu verändern, immer noch vorhanden sind, und es macht Lust, weiterzumachen, weil es gemeinsam besser geht. Schön war es auch zu sehen, dass sich seit meinem letzten Besuch vor zwei Jahren viel getan hat und unsere Unterstützung Früchte trägt. So wurde z.B. die Infrastruktur des jüngsten Zentrums von SonRisas „Chacritas“ sehr verbessert. Für viele Kinder ist SonRisas der einzige Ort, an dem sie etwas formale Bildung und Tagesstruktur erhalten, an dem sie Wertschätzung erfahren. Inmitten schwieriger Verhältnisse schafft SonRisas eine Oase von Zuversicht und Würde.

Fazit

Manchmal werde ich gefragt, warum ich mich engagiere, wenn doch die Welt ein einziges Chaos ist und wir nur einen Tropfen auf den heißen Stein geben können. Aber dieser eine Tropfen auf den heißen Stein kann das Schicksal eines Menschen zum Positiven verändern, und das ist schon sehr viel. Ich bin mir bewusst, wie privilegiert ich bin, dass ich meinen Kindern ein Dach über dem Kopf, gutes Essen und eine Aus-bildung bieten kann. Ich denke, wenn meine Kinder in der gleichen Mangelsituation wären wie viele Jugendliche auf der Welt, wäre ich sehr dankbar, dass es Organi-sationen wie SonRisas und Eine-Welt-Haus gibt, die mich als Mutter und meine Kinder unterstützen. Möge das Schicksal eines einzigen Menschen Grund genug sein, zu helfen und sich nicht entmutigen zu lassen. Die Unterstützung, die wir von hier aus-senden, hat nicht nur direkte Auswirkungen auf die Menschen in Not, sondern auch auf die Menschen, die helfen. Ohne diese Menschen würde SonRisas, ein Verein mit einer außergewöhnlichen Arbeit, nicht existieren. Solange Regierungen keine Lösungen für soziale Probleme finden, sind derartige Organisationen unverzichtbar.

Ich danke Ihnen allen von ganzem Herzen, dass Sie die Hilfe, die wir allen Projekten, nicht nur in Argentinien, sondern auch in Nicaragua, Togo und Mosambik, zukommen lassen, möglich machen.

Liebe Mitglieder, danke, dass Sie den Eine-Welt-Haus e.V. unterstützen.

Liebe Spender, danke, dass Sie die Arbeit weiterhin unterstützen.

Liebe Leser, danke, dass Sie sich für das Lesen Zeit genommen haben.

Liebe Mitglieder des Vorstandes, danke, dass Ihr Eure Zeit zur Verfügung stellt, damit unser Verein funktionieren kann.

Herzliche Grüße Lucila Martínez

http://creasonrisas.org.ar/en/index.php

P.S.: Zur Unterstützung unserer Arbeit erbitten wir Spenden auf dieses Konto:
Eine Welt Haus Jena e. V.

IBAN: DE 96 830 530 30 00000 30 600

Sparkasse Jena BIC: HELADEF1JEN Verwendungszweck: SonRisas

zum Abschluß gibt es hier noch ein Video über meinen Projektbesuch