Saatguthilfe für Opfer von Wirbelstürmen
Im November 2020 trafen zwei Wirbelstürme auf Mittelamerika: Eta am 3. November und Iota am 20. November; letzterer war einer der stärksten Hurrikane der vergange-nen Jahre. Das ist eigentlich nichts Ungewöhnliches: die Monate Juni bis November sind in der Region als die Wirbelsturmsaison bekannt und die Bewohner bereiten sich darauf vor. Eine Auswirkung des Klimawandels ist jedoch, dass sich die Luftmassen über den Ozeanen schneller und stärker erwärmen und dadurch mehr Wasser mit sich bringen. Dadurch entstehen größere und zerstörerische Wirbelstürme wie eben Eta und Iota.
Da die Stürme zuerst an der karibischen Ostküste auf Nicaragua trafen, waren dort die stärksten Schäden zu befürchten. Durch das staatliche Notfallsystem wurden die Infrastruktur in den gefährdeten Städten gesichert und 70.000 Menschen evakuiert.
Im Stadtgebiet unserer Partnerstadt gab es Zerstörungen an Wohngebäuden, von Straßen und Wegen. Wie so häufig waren die Schäden in der sog. Trockenzone, der zum Pazifik hin abfallenden Region von San Marcos und in anderen ländlichen Gemeinden der Stadt, am schwerwiegendsten: hier wurden 90% der einzigen Straße, die diese Gemeinden mit dem Zentrum verbindet, unterspült. Infolgedessen waren diese Dörfer zeitweise von der Umwelt abgeschnitten.
zerstörte Felder und Wege in der Trockenzone bei San Marcos
Am schlimmsten traf es allerdings viele Bauern in der ländlichen Zone unserer Partnerstadt: durch die außergewöhnlich starken und kurz vor der Erntezeit ein-treffenden Regenfälle im Gefolge der Wirbelstürme wurden zwischen 70 % und 90 % der im September ausgesäten Anpflanzungen von Mais, Bohnen und Sorghum vernichtet. Damit waren nicht nur die Grundnahrungsmittel und die wirtschaftliche Basis für die kommenden Monate verloren – als ebenso schlimm erwies sich die Tatsache, dass dadurch für die erste Aussaat im Jahr 2021 nicht ausreichend Saatgut zur Verfügung stehen würde. Kleinere Verluste gab es bei Anpflanzungen von Kaffee, Zitrusfrüchten, Bananen, Mais und Ananas. Einige Landwirte verloren einen Teil ihrer Tiere durch Unterkühlung aufgrund der ununterbrochenen Regenfälle.
Durch diese Umweltkatastrophe wurde vielen Kleinbauern in der Region die Lebensgrundlage entzogen.
Um hier sofort zu helfen, aber auch um die landwirtschaftliche Produktion längerfristig resistenter gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu machen, hatte unser Partnerverein APRODIM uns zu Beginn des Jahres 2021 ein Nothilfeprojekt vorgeschlagen. Für dessen Finanzierung zeichneten das Eine-Welt-Haus Jena gemeinsam mit den anderen europäischen Partnerstädten von San Marcos - Biel/Bienne und Helmond - verantwortlich.
Zielgruppe des Vorhabens waren Kleinbauern in sechs ländlichen Gemeinden von San Marcos, denen Saatgut für Bohnen und Mais sowie Dünger und Metallsilos zur Nutzung als Getreidespeicher zur Verfügung gestellt wurden. Als Eigenanteil stellten die Begünstigten das Ackerland und die Arbeitsgeräte sowie ihre Arbeitskraft zur Verfügung.
Das Projekt hatte diese Ziele:
- Akutversorgung von 200 Familien mit Grundnahrungs-mitteln in den Monaten direkt nach den Wirbelstürmen: Damit sollte die Notsituation unmittelbar nach den Wirbelstürmen abgemildert und eine Ernährungskrise abgewendet werden.
- ökologischer Umbau der Landwirtschaft: Diese zen-trale Aktivität des Projektes hatte zum Ziel, die Auswir-kungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft zu mindern und umweltschädliche Produktionsmethoden zu verlassen. Dazu dienten die Diversifizierung der angebauten Nutzpflanzen und die Etablierung alternativer agrarischer Methoden.
- Schaffung einer Saatgutbank mit resistenten, an das Klima der Region angepassten Sämereien.