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Abschlussbericht für das Projekt „Alternativen für die Erzeugung und Sicherung der Ernährung nach den Hurrikans, San Marcos, Carazo, Nicaragua“

Vorgeschichte: 
Im November 2020 zogen zwei Wirbelstürme über Nicaragua. Das ist in der Region und zu dem Zeitpunkt nichts Außergewöhnliches - die Schäden, die diese Unwetter nach sich zogen, waren jedoch grösser als in den Jahren davor: Durch den Klima-wandel steigt die Temperatur an der Oberfläche der Ozeane, die Hurrikane nehmen dadurch mehr Wasser auf und bewegen sich schneller über Land. In der Folge gab es starke Regenfälle, die vor allem in der ländlichen Region unserer nicaraguanischen Partnerstadt San Marcos zu Erdrutschen führten. Dadurch verlor die Mehrzahl der Kleinbauern bis zu 90% ihrer Anpflanzungen von Bohnen und Mais auf insgesamt 320 Hektar - ihre Grundnahrungsmittel. Straßen wurden unterspült und Häuser zerstört.

Um hier Abhilfe zu schaffen, beschlossen die drei europäischen Partnerstädte von San Marcos – neben Jena das schweizerische Biel und das holländische Helmond - auf Vorschlag des Vereins APRODIM eine Soforthilfe
Dieses Projekt diente zunächst dazu, verlorenes Saatgut zu ersetzen, die Ernährung der Familien zu sichern und Landflucht zu vermeiden. Um die landwirtschaftliche Pro-duktion widerstandsfähiger gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu machen, geht es mittelfristig auch um die Etablierung ökologischer, nachhaltiger Anbaumethoden.

Die Reaktion der Jenaer Bevölkerung auf unsere Spendenaufrufe war wie erwartet überwältigend: wir erhielten Spenden und die Bauern in San Marcos die moralische Unterstützung der Menschen in ihrer Partnerstadt. Mit einer finanziellen Förderung des Hand-in-Hand-Fonds, der Aktion Selbstbesteuerung und von Sunfried konnten wir im März 2021 das Saatgutprojekt beginnen, über dessen Erfolge wir Ihnen hier berichten.

Die Projektaktivitäten:
Begünstigt wurden Bauern in acht Dörfern, die zur Verwaltungseinheit San Marcos gehören und vor allem in der sog. Trockenzone liegen - der vulnerabelsten Region der Stadt. Diejenigen Kleinbauernfamilien, die durch das Projekt begünstigt werden sollten, wurden von den Ortsteilbürgermeistern in Zusammenarbeit mit der FSLN und dem Landwirtschaftsministerium ausgewählt. Sie erhielten Informationen über Ziele und Inhalte des Vorhabens, mit jedem wurde ein Vertrag geschlossen. Um die Aktivitäten besser zu koordinieren, wurden sie in sechs Selbsthilfegruppen organisiert.

Allen Projektteilnehmern wurde, nachdem sie ihre Felder für die erste Aussaat vor-bereitet hatten, Saatgut für Bohnen und Mais sowie Dünger übergeben. Zu Beginn des Projektes wurden diese Materialien gekauft. Da mit den Bauern vereinbart worden war, dass sie 50% ihrer Ernte an das Projekt zurückgeben sollen, konnte eine Saatgutbank etabliert werden. Mit den in Metallsilos eingelagerten Bohnen steht ihnen selbst produziertes, an die lokalen klimatischen Bedingungen adaptiertes Saatgut zur Verfügung. Das macht sie von Industrie und Handel unabhängig und erlaubt ihnen auch nach Projektende ein im ursprünglichen Wortsinn nachhaltiges Wirtschaften.

In der Projektlaufzeit wurden 258 Zentner Bohnen und 4 Zentner Mais geerntet. Davon wurden 33 bzw. vier Zentner als revolvierender Fonds eingelagert. Die übrigen Mengen – derjenige Teil der Ernte, der sich nicht zur Verwendung als Saatgut eignet - gingen in den Eigenverbrauch beziehungsweise wurden verkauft.

Vor Beginn der praktischen Projektaktivitäten wurden Verteilungswege und Orte für die Zwischenlagerung definiert. Bei der ersten Ausgabe von Saatgut waren Vertreter der Stadtverwaltung und der Regierungspartei anwesend - was die Bedeutung des Vorhabens für die lokale Wirtschaft und den Umweltschutz unterstreicht.

Die Weiterbildungen während des Projektes ermöglichen es den insgesamt 546 Teilnehmern nunmehr, statt gekaufter chemischer Produkte Biodünger, natürliche Insektizide und organische Zusatzstoffe selbst herzustellen und anzuwenden.

Dazu gehört auch die Nutzung einfacher Werkzeuge zur Bodennivellierung bei einem Gefälle von mehr als 2%, um so die fruchtbare Erdoberfläche vor Erosion zu schützen.

Die Projektarbeit, Übergabe von Saatgut, revolvierender Fonds, technische Beratung, wurden von einer intensiven Bildungsarbeit flankiert. Das war und ist insofern not-wendig, als die meisten Kleinbauern in der Region lediglich über empirisches Wissen verfügen: sie haben von ihren Eltern Land, Geräte und über Dekaden tradiertes Wissen und Fähigkeiten übernommen. Die wenigsten von ihnen haben eine landwirt-schaftliche Ausbildung oder gar Kenntnisse über ökologische Zusammenhänge.

Neben der Zielgruppe wurde mit monatlich ausgestrahlten, 60 Minuten dauernden Radioprogrammen die Bevölkerung von San Marcos mit Umweltthemen erreicht. Dazu wurden externe Spezialisten, z. B. aus dem Landwirtschaftsministerium, eingeladen. Aber es kamen auch durch das Projekt begünstigte Kleinbauern zu Wort.

Ergebnisse: 
Es war ursprünglich geplant, mit 200 Bauernfamilien zu arbeiten, stattdessen konnten insgesamt 298 Produzenten begünstigt werden. Dadurch wurde die anfangs geplante Anbaufläche von 150 Manzanas (ca. 77 Hektar) auf 221 mz. ausgedehnt. Diese Ausweitung der Reichweite war möglich, weil der Verkäufer von Saatgut inzwischen seine Preise gesenkt hatte – auch um dadurch das Projekt zu unterstützen. Notwendig war diese Änderung, weil sich Bauern aus der Gemeinde El Uval nachträglich als Betroffene bei unserem Partnerverein gemeldet hatten.

Die negativen Auswirkungen der beiden Wirbelstürme auf Kleinbauernfamilien in der ländlichen Zone von San Marcos konnten wie geplant abgemildert werden, ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln wurde sichergestellt. Die Bildungsmaßnahmen versetzen die Teilnehmer in die Lage, nachhaltiger und umweltgerechter zu wirtschaften sowie sich gegen zukünftige Umweltkatastrophen zu wappnen.

 

 

 

 

 

Schwierigkeiten: 
Auch während des Projektzeitraumes zeigten sich die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktion in San Marcos: so trat im Jahr 2021 die Regenzeit (normaler Beginn Anfang Mai) verspätet ein und fiel schwächer aus als gewohnt. Die Folge waren Entwicklungsverzögerungen bei den Aussaaten, in wenigen Fällen der Totalverlust. Im Gegensatz dazu gab es im Jahr 2022 stärkere Regenfälle, was einen stärkeren Schädlingsbefall nach sich zog.

Schlussfolgerung und Ausblick: 
Wir freuen uns sehr - vor allem für unsere nicaraguanischen Partner - dass trotz der beschriebenen Schwierigkeiten alle Projektziele erreicht werden konnten.

Dafür danken wir allen, die das mit Spenden und Fördermitteln möglich gemacht haben.

Was haben wir gelernt? Was ist noch zu tun?

Traditionell bauen die Familien in der Region Bohnen oder Mais in Monokultur an, womit sie sie ihren Eigenbedarf an Grundnahrungsmitteln decken. Das macht jedoch ihre landwirtschaftlichen Kulturen anfällig und schränkt ihre Möglichkeiten ein, die Produkte zu vermarkten. Um die Kleinbauern hier zu stärken, wird ihnen empfohlen, Bohnen gemeinsam mit Ananas, Mango oder Drachenfrucht anzubauen. Plantagen mit Kaffeesträuchern oder Kakaobäumen werden durch die Anpflanzung schattenspendender Bäume zu Agroforstsystemen umgestaltet. Die so diversifizierte Produktion mindert Ausfallrisiken, trägt zu einer ausgewogenen Ernährung der Familien bei und verbessert ihre Vermarktungschancen.

Die Kleinbauern in der Region brauchen weiterhin unsere Unterstützung, jetzt nicht mehr als Nothilfe, sondern als Kooperation. Das Ziel besteht darin, sie bei der Schaffung solidarischer Strukturen zu unterstützen. Die landwirtschaftliche Produktion und die sozialen Systeme sollen angesichts des schleichend eintretenden Klimawandels widerstandsfähiger und nachhaltiger gemacht werden.

Ein erster Schritt auf diesem Weg ist getan: eine Kooperative ist in Gründung, die den Kleinbauern Hilfe bei der Vermarktung ihrer Produkte (Bohnen, Kaffee, Trocken-früchte) geben soll.

Sie finden hier den Finanzbericht für die Jahre 2022 und 2023.

Veranstaltungen der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Themen

Seminare

Zahl der Teilnehmer

Gemeinden

Verbesserung der Aussaat, Vorbereitung der Felder, Testung der Keimfähigkeit

5

87

El Tanque, La Chona, San Miguel de los Mojica, El Brasilito, Ojoche de Agua, San Pedro de los Molina, Dulce Nombre de Jesús und El Uval

Herstellung von Biodünger

12

160

El Tanque, La Chona, San Miguel de los Mojica, El Brasilito, Ojoche de Agua, San Pedro de los Molina, Dulce Nombre de Jesús und El Uval

Schutz der Böden und des Wasserreservoirs

2

12

San Pedro de los Molina, Dulce Nombre de Jesús

Massnahmen bei Schädlingsbefall

11

107

El Tanque, La Chona, San Miguel de los Mojica, El Brasilito, Ojoche de Agua, San Pedro de los Molina, Dulce Nombre de Jesús und El Uval

San Marcos angesichts des, San Marcos gegen den Klimawandel

6

86

El Tanque, La Chona, San Miguel de los Mojica, El Brasilito, Ojoche de Agua, San Pedro de los Molina, Dulce Nombre de Jesús und El Uval

Behandlung des Bohnen- und Maiserntegutes

3

22

El Brasilito, La Chona und Dulce Nombre de Jesús

Herstellung des orga-nischen Insektizides M7

6

72

El Tanque, La Chona, San Miguel de los Mojica, El Brasilito, Ojoche de Agua, San Pedro de los Molina, Dulce Nombre de Jesús und El Uval

GESAMT

45

546