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Biogasanlagen

Für Nicaragua wie für viele Länder des Südens ist die Nutzung organischer Abfälle und von Biomasse zur Produktion von Biogas eine ernsthafte Alternative zur Lösung der Energieprobleme. Da diese Länder meist landwirtschaftlich geprägt sind, fällt eine große Menge biologischer, teilweise hochwertiger Materie an: Reste von Zuckerrohr und Maispflanzen, Tierdung usw.

In San Marcos besteht der Siedlungsmüll aus bis zu 80% aus organischem Material. Auch wenn dieses nicht vollständig zu Biogas und Kompost verarbeitet werden kann, lohnt sich doch der Bau von Biogasanlagen für diese Ausgangsstoffe.

Dabei werden mehrere ökologische Ziele verfolgt:
- der Ersatz von Brennholz durch Biogas, um so die Entwaldung des Landes zu redu-        zieren;
- eine drastische Verminderung der Menge zu deponierenden Mülls;
- die Verwendung des Restmaterials aus den Biogasanlagen als Kompost zur Boden-      verbesserung;
- schließlich können die Anlagen mit Blockheizkraftwerken zur Stromerzeugung ver-       bunden werden.

Im Rahmen der Städtepartnerschaft wurden diese Projekte zur Nutzung von Biogas durchgeführt:

die kommunale Biogasanlage von San Marcos

dezentrale Biogasanlagen

San Marcos ist die erste lateinamerikanische Stadt, in der eine kommunale Biogas-anlage organischen Haus- und Gewerbemüll zu Kochgas verarbeiten kann.

Die Bitte, unsere Partnerstadt bei der Bewältigung des Siedlungsmülls zu unterstützen, erreichte uns als Verein und die Stadtverwaltung Jena Ende der 1990er Jahre. Der damalige Bürgermeister von San Marcos, Orlando Vega, sah sich mit dem Problem konfrontiert, dass die ungeordnete Müllkippe in der Nähe des Stadtzentrums voll und teilweise in Brand geraten war.

Unter Mitwirkung und technischer Beratung von Fachleuten, u. a. der Stadtwerke Jena und aus nicaraguanischen Universitäten, wurde beschlossen, am Stadtrand von San Marcos eine kommunale Biogasanlage zu bauen.
Finanziert wurde das Vorhaben mit Mitteln aus dem Entwicklungshilfefonds der Stadt Jena sowie privaten Spenden aus Biel/Bienne und Helmond. Die Anlage wurde aus-schließlich mit Abfällen aus benachbarten Stadtvierteln betrieben. Das ist uns wichtig: es wurden weder Mais (das Grundnahrungsmittel der Nikaraguaner) noch andere Feldfrüchte in die Biogasanlage eingebracht.
Nach sechsmonatiger Bauzeit wurde die Biogasanlage im November 2012 gestartet und im Beisein von Dr. Albrecht Schröter, dem damaligen Bürgermeister von Jena, feierlich eingeweiht.

In den kommenden Jahren wurde das Funktionieren der Anlage von den drei europäischen Partnerstädten von San Marcos weiterhin unterstützt. Unter anderem haben sie den Kauf von Pferdewagen finanziert, so dass der organische Müll getrennt eingesammelt werden kann.
Begleitend fand, finanziert von der Städtepartnerschaftsgruppe Biel/Bienne, eine Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit im Stadtkern von San Marcos statt. Dabei besteht das Ziel darin, eine Mülltrennung zu etablieren, die die Weiterverwertung der Sekundär-rohstoffe erlaubt, und die Zahlungsmoral der Müllgebühr zu erhöhen.

Leider steht die Anlage derzeit still: nachdem unser Partnerverein APRODIM den Betrieb organisiert und verantwortet hat, funktionierte sie über Jahre reibungslos. In einem benachbarten Stadtviertel wurden 20 Familien mit Kochgas versorgt, mit dem überschüssigen Biogas wurde Strom erzeugt und die Biomasse aus der Anlage wurde zur Bodenverbesserung verwendet. Über eine lange Zeit wurde so die Menge organischer Abfälle aus dem benachbarten Markt und angrenzenden Stadtvierteln verwendet, was die städtische Deponie entlastete. Das Personal in der Anlage lernte, mit der richtigen Mischung aus Abfällen eine größtmögliche Menge an Gas zu erzeugen und Störungen zu beheben.

Vertragsgemäß wurde die Biogasanlage Ende des Jahres 2018 in die Verantwortung der Stadtverwaltung von San Marcos übergeben. Leider zeigte die Bürgermeisterin kein Interesse daran, die Anlage weiterhin zu nutzen, deswegen wird derzeit hier kein Biogas produziert.

 

Dennoch war nicht alles umsonst: Die Nutzung von organischen Abfällen ist in San Marcos etabliert und APRODIM verfügt über Mitarbeiter, die ausreichend Erfahrungen verfügen, um derartige Anlagen zu planen, zu bauen und zu betreiben. Deshalb wurde nachfolgend der Bau kleiner, dezentraler Biodigestoren propagiert.

Aus traditionellen Gründen, aus Unkenntnis und weil eine her-kömmliche Feuerstelle noch immer die billigste Variante ist, kochen etwa 70% der nicaraguanischen Haushalte mit Holz. Die negativen Auswirkungen liegen auf der Hand: Entwaldung, CO2-Emissionen, Atemwegserkrankungen in den Familien, vor allem bei den Frauen.

Eine Lösung ist die Installation von verbesserten Herden oder kleinen Biogasanlagen (biobolsas). Die Voraussetzungen für das Funktionieren der Anlagen sind das Vorhandensein eines entsprechend großen Areals auf dem Grundstück (ca. 10 x 2 Meter) und von mehreren Stück Vieh, deren Dung als Biomasse dient, sowie die Bereitschaft der Familie, sich in die Funktionsweise der Biodigestoren einzuarbeiten und diese regelmäßig zu beschicken.

Einmal installiert, funktionieren diese kleinen Biogasanlagen über viele Jahre praktisch wartungsfrei. Inzwischen gibt es mehrere Haus-halte im Projektgebiet, deren Biogasanlagen zufriedenstellend Koch-gas produzieren und die seit längerer Zeit kein Brennholz mehr gekauft haben. Ein weiterer ökologischer Effekt ist, daß eine bedeut-samer Menge an organischem Material (Viehdung, Hausabfälle etc.) nicht mehr unter freiem Himmel verrotten - wobei Methan entsteht, ein Gas, das 21mal klimaschädlicher als CO2 ist.

Ein weiterer Vorteil dieser Anlagen ist, dass alle Bauteile in lokalen Baumärkten erhältlich sind und dass der Bauplan so einfach ist, dass die Biodigestoren ohne die Hilfe von Spezialisten installiert werden können.

In weiteren Umweltprojekten ist der Bau weiterer Anlagen vorgesehen, wodurch wir entscheidend zur Verbesserung der Umweltsituation in unserer Partnerstadt beitragen können.

Mit Ihren Spenden tragen Sie dazu bei.